Parteien und ihre Grundtypen

Da die Realität komplexer als jede Typologie ist, müssen bei der Betrachtung realer politischer Ideologien der gemeinsame Kern, die Ausprägungen und Abweichungen, aber auch die Vermischungen und Inkonsistenzen analysiert und herausgearbeitet werden.

Parteien setzten sich aus Menschen zusammen, deren jeweilige politische Einstellungen viele psychologische und soziale Ursachen haben. Demokratisch sozialisierte Menschen sind zu dem oft mehr oder weniger offen und ideologiekritisch eingestellt. Ideologiekritische Haltungen vollziehen sich durch alternative Denkansätze und sind einem sich verändernden Umfeld, Lebenserfahrungen, der Intuition, der Sozialisation, den Emotionen oder den Lebensumständen geschuldet. Da jeder der vier Grundtypen hinsichtlich seiner zentralen Kategorie politischer Denkart – Freiheit des Individuums, Gleichheit der Menschen, Schutz der Gemeinschaft, Schutz der Menschheit – zwangsläufig graduell verstanden werden muss, wird Politik hinsichtlich seines ideologischen Gehalts ebenfalls zu einer relativen Angelegenheit: Die vier Grundrichtungen wirken auf den politischen Prozess in einer bestimmten relationalen Intensität und führen zu einem entsprechenden Politikergebnis.

Da Parteien aus Menschen bestehen und Menschen an sich widersprüchlich und zudem sehr unterschiedlich sind, tragen auch Parteien alle vier Typen politischer Ideologien zwangsläufig in sich. Jeder Mensch strebt in einem gewissen Maße nach Freiheit, nach Gleichheit, nach Gemeinschaft und nach dem Schutz der Lebensgrundlage – und kaum eine Partei würde eines dieser Ziele grundsätzlich ablehnen. Die Entscheidung für und die Mitgliedschaft in eine/r Partei folgt zudem nicht unbedingt einer ideologisch konsistenten Logik. Vielmehr wissen wir, dass der Eintritt in eine und die Mitgliedschaft in einer Partei von zahlreichen nicht inhaltlichen Faktoren abhängen: Familie, Freunde, ein/e charismatische/er Politiker:in, eine Positionierung in einer sehr wichtigen Sachfrage. Zum Beispiel begründen einige SPD-Mitglieder ihren Parteieintritt mit der Person Willy Brandt.

Zudem gibt es immer wieder Mitglieder in Parteien, bei denen sie selbst oder die Parteispitze erkennt, dass sie nicht zu ihr „passen“. Das zeigt sich in Parteiausschlussverfahren oder zumindest einer Diskussion darüber, wie zum Beispiel bei den Politikern Thilo Sarrazin (SPD), Boris Palmer (Grüne) oder Andreas Kalbitz (AfD).

Werbung